„Familienbewusst wird man nicht über Nacht“

Portrait von Ina Meyer
Ina Meyer ist seit fast 20 Jahren im Personalbereich tätig und seit 2012 bei der Berlitz Deutschland GmbH Director Human Resources Germany. © Berlitz GmbH

Anhand von 12 Kennzahlen misst der Fortschrittsindex Vereinbarkeit, wie familienorientiert die Unternehmenskultur ist. Eine der Kennzahlen untersucht den Anteil weiblicher Führungskräfte. Ina Meyer, Director Human Resources Germany bei Berlitz, erzählt, mit welchen Maßnahmen Berlitz die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördert und warum der Anteil weiblicher Führungskräfte bei dem Sprachschulenanbieter so hoch ist.

Wie wird Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei Berlitz Deutschland gelebt?

Wir unterstützen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in vielerlei Hinsicht. Eine offene Kommunikation und ein ehrlicher Umgang mit dem Thema bilden dabei eine wichtige Basis. Nur wenn wir gemeinsam mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Thema im betrieblichen Alltag verankern, wird es auch tatsächlich wahrgenommen und gelebt. Maßnahmen wie das Festlegen einer Vertrauensarbeitszeit, flexible Arbeitszeitmodelle, mobiles Arbeiten und Homeoffice, Gewährung von kurzfristigem Urlaub und familienorientierte Urlaubsplanung fördern bei Berlitz die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Um nur ein Beispiel zu nennen: Unsere Niederlassung in Bielefeld wird erfolgreich von einer Frau geleitet, die in Teilzeit arbeitet. Die Akzeptanz seitens des Managements und der Kolleginnen und Kollegen ist eine wichtige Basis und ebenso entscheidend ist das Vertrauen.

72 Prozent der Führungskräfte bei Berlitz Deutschland sind weiblich. Wie machen Sie das – beziehungsweise: Was machen Sie anders als andere Unternehmen und mit welchen Maßnahmen fördern Sie den Anteil weiblicher Führungskräfte?

Karriere und Familie unter einen Hut zu bringen ist für viele Frauen eine große Aufgabe. Gegenüber unseren Nachbarländern ist die Rollenverteilung in Deutschland leider noch immer eher traditionell geprägt. Ein gutes Angebot zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf führt nicht automatisch zu einer Verbesserung der Karrierechancen von Frauen im Betrieb. Um Chancengleichheit herzustellen, muss an mehreren Stellschrauben gleichzeitig justiert werden: Von der Unternehmensstrategie über die Führungskräfteentwicklung bis hin zur Personalrekrutierung. Damit kommt der Personalabteilung im Unternehmen eine besondere Rolle zu. Wir bei Berlitz sind überzeugt, dass ein ausgewogener Mix der Geschlechter sowie eine gesunde Mischung der Generationen und Kulturen sich in der Belegschaft positiv auf unsere Beschäftigten und unseren finanziellen Erfolgt auswirkt.

Welche Ergebnisse haben Sie bei der Nutzung des Fortschrittsindex Vereinbarkeit überrascht?

Überraschend war für uns die durchschnittliche Dauer der Elternzeit von Müttern. Die Erfahrung zeigt uns, dass viele Mitarbeiterinnen gerne früher zurückkommen möchten, und wir dies auch stets versuchen zu realisieren. Aus diesem Grund ist die durchschnittliche Dauer der Elternzeit von Müttern im Vergleich zu anderen Unternehmen der Branche bei Berlitz wesentlich kürzer – die Länge bei den anderen Unternehmen hat uns überrascht. Wir begleiten unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf dem Weg in die Elternzeit und halten während dieser Phase regelmäßig Kontakt, so dass ein gewünschter schneller Wiedereinstieg reibungslos und zudem erfolgreich klappt. 

Mit welchen Empfehlungen aus dem Index setzen Sie sich in Zukunft auseinander?

Die Empfehlungen aus dem Index zeigen uns auf, an welchen Stellschrauben wir noch etwas feinjustieren können. Insbesondere mit dem Thema Mitarbeiterbindung werden wir uns noch intensiver beschäftigen, denn die Gewinnung und Bindung von Beschäftigten sind zentral für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens. Es ist geplant, wieder Mitarbeiterbefragungen durchzuführen und Social Media Plattformen sowie das Intranet und die Unternehmenswebsite gezielter zu nutzen. Als familienbewusstes Unternehmen werden wir für viele Bewerberinnen und Bewerber attraktiver.

Welche Tipps haben Sie für Unternehmen beziehungsweise Personalerinnen und Personaler, die ihren Anteil an weiblichen Führungskräften erhöhen möchten?

Unternehmen verlassen sich meiner Ansicht nach zu sehr auf gute Absichten, sollten aber operativ die Beförderung von Frauen in Führungspositionen als formale geschäftliche Priorität sehen. Je mehr weibliche Vorbilder oben in den Chefetagen tätig sind, desto mehr werden viele Frauen folgen und auch ermutigt, weitere Karriereschritte zu gehen. Es müssen die Voraussetzungen in den Unternehmen für eine flexible Arbeitszeit-gestaltung geschaffen werden, von der alle Beschäftigten profitieren. Ein familienbewusstes Unternehmen wird man nicht über Nacht.

Ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf Thema in Vorstellungsgesprächen? Wenn ja, war das schon immer so oder hat ein Wandel stattgefunden?

Das ist durchaus Thema im Vorstellungsgespräch. Insbesondere in den vergangenen Jahren gab es hier Veränderung in den Kriterien, die Bewerberinnen und Bewerbern bei einer neuen Arbeitsstelle wichtig sind. Gerade bei den Millenials und der Generation Z spielen die Flexibilität hinsichtlich Arbeitszeiten und Arbeitsort eine wesentliche Rolle ebenso wie die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf. Wir sind also auf dem richtigen Weg. Der Fortschrittsindex hilft uns dabei, uns stetig zu verbessern, deckt auf, wo es gut läuft und wo Verbesserungspotential liegt. Das hilft bei der Festlegung bestehender und zukünftiger Maßnahmen.

Wie familienfreundlich ist Ihr Unternehmen?

Testen auch Sie Ihre familienfreundliche Unternehmenskultur mit dem Fortschrittsindex Vereinbarkeit.