Schichtwechsel – Familienzeit: Wege zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Zu sehen sind Ekin Deligöz, Parlamentarische Staatssekretärin im BMFSFJ und Dr. Achim Dercks, DIHK
© Netzwerkbüro „Erfolgsfaktor Familie“/Jens Schicke

Bei der virtuellen Multiplikatorenveranstaltung des Unternehmensnetzwerks „Erfolgsfaktor Familie“ am 5. Juni 2024 diskutierten Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft sowie Personalverantwortliche aus Betrieben mit Schichtarbeit unterschiedlicher Branchen, wie Lösungen für eine familienfreundliche Schichtarbeit aussehen können.

Unverzichtbar, aber nicht ausreichend beachtet

Sei es beim Einkaufen, bei einem medizinischen Notfall oder bei einer polizeilichen Anzeige, die wir aufgeben möchten: Immer sind Menschen zur Stelle, die dies ermöglichen – an Wochenenden und Feiertagen, tagsüber und nachts. Darüber, wie diese Menschen trotz ihrer ungewöhnlichen Arbeitszeiten im Schichtbetrieb ausreichend Zeit für ihre Familien erübrigen können, hat das Unternehmensnetzwerk „Erfolgsfaktor Familie“ bei seiner heutigen Veranstaltung diskutiert. 

Ziel war es, auszuloten, wie Schichtarbeit bei der Polizei, einem Gesundheitszentrum, einem Lebensmittelmarkt und einem industriellen Schichtbetrieb – stellvertretend für viele anderen Branchen – familienfreundlich gestaltet werden kann. Schnell wurde klar: „Vereinbarkeit“ im Schichtbetrieb ist noch lange keine Work-Life-Balance. So wenig pauschale Lösungen möglich sind, so wichtig sind Verlässlichkeit und Planbarkeit. Vereinbarkeit im Schichtbetrieb heißt, lokale und von Betrieb zu Betrieb durchaus unterschiedliche Lösungen zu finden und gute Beispiele konsequent bekannt zu machen. Dazu gehören neben einer offenen und wertschätzenden Kommunikation Führungskräfte, die für die Bedarfe der Beschäftigten sensibilisiert sind. 

Fachkräfte mit einer familienfreundlichen Schichtplanung gewinnen

Ekin Deligöz, Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesfamilienministerin, betont: "Eine familienfreundliche Arbeitsorganisation ist zentral, damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Alltag funktioniert. Häufig werden aber familienfreundliche Arbeitsbedingungen gleichgesetzt mit Homeoffice-Möglichkeiten oder Gleitzeit. All das ist für Beschäftigte im Schichtbetrieb nicht möglich. Daher ist es mir wichtig, dass wir den Fokus auf die Lösungen lenken, die auch im Schichtbetrieb möglich sind. Mit einer familienfreundlichen Schichtplanung können Betriebe insbesondere mehr Frauen mit Familienverantwortung als Fachkräfte für sich gewinnen." 

Der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Achim Dercks hebt hervor: „Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für die Wirtschaft insgesamt und damit auch für Branchen mit Schichtarbeit ein wichtiges Instrument der Fachkräftesicherung. Allerdings ist sie bei Schichtarbeit mit besonderen Herausforderungen verbunden, nicht zuletzt, wenn wir auf die häufig noch begrenzten Möglichkeiten der Kinderbetreuung schauen. Ein intensiveres Engagement der Betriebe kann aber nur gelingen, wenn auch die Rahmenbedingungen der Betreuungsinfrastruktur stimmen. Zudem sollte aus Sicht der Wirtschaft in Zeiten, in denen viel über Homeoffice und eine 4-Tage-Woche diskutiert wird, Schichtarbeit als häufig notwendige Arbeitsform wertgeschätzt werden.“
Betriebe können voneinander lernen

Das Podium „Familienbewusste Schichtarbeit im Praxistest“ war mit Vertretern kompetenter Vorreiter-Unternehmen besetzt: mit einem Polizeihauptkommissar und Abschnittsleiter der Polizei Bremen, dem Geschäftsführer eines Marktes von Globus Limburg und dem Leiter Unternehmenskommunikation des Gesundheitszentrums Bitterfeld/Wolfen GmbH sowie dem Werksleiter und dem Instandhaltungsleiter und Betriebsratsvorsitzenden des Sägewerkbetreibers Pollmeier Schnittholz GmbH & Co. KG. Es wurde deutlich, dass für den Erfolg von Unternehmen mit Schichtbetrieb passgenaue, planbare und zuverlässige Vereinbarkeitslösungen sowie ein gutes Ausfallmanagement zentral sind.

In ihrer Keynote betonte Prof. Dr. Anita Tisch, Fachbereichsleiterin bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), die wechselseitige Abhängigkeit von Vereinbarkeit, Gesundheit der Beschäftigten und Schichtarbeit. Sie bezog sich dabei auf aktuelle BAuA-Studien zur Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit. Insbesondere Schichtarbeit mit Nachtanteilen birgt Risiken für die Gesundheit, was sich noch verstärke, wenn die konkrete Arbeitszeitgestaltung nicht eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie in den Blick nehme. Außerdem schilderte sie die Vorteile der Digitalisierung bei der Schichtplanung und plädierte bei Eltern für Schichtmodelle, die partnerschaftlich funktionierten.


Zu sehen sind die Panelteilnehmer der Multiplikatorenveranstaltung "Schichtwechsel Familienzeit"
© Netzwerkbüro "Erfolgsfaktor Familie" / Jens Schicke

Personen von links nach rechts: Daniel Reichau, Leiter Instandhaltung und Betriebsratsvorsitzender bei Pollmeier Schnittholz GmbH & Co. KG, Standort Malchow; Prof. Dr. Anita Tisch, Fachbereichsleiterin bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA); Ralf Perske, Werksleiter bei Pollmeier Schnittholz GmbH & Co. KG, Standort Malchow; Dr. Achim Dercks, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer; Jens Feye, Polizeihauptkommissar und Leiter strategische Personalentwicklung bei der Polizei Bremen; Dr. Bernhard Spring, Leiter der Unternehmenskommunikation im Gesundheitszentrum Bitterfeld/Wolfen gGmbH; Jannik Zörb,  Geschäftsführer Globus Baumarkt Limburg an der Lahn


Die Dokumentation der Veranstaltung steht in Kürze unter erfolgsfaktor-familie.de zur Verfügung.