Drei Fragen an ... Prof. Dr. Florian Kunze „Die Arbeit aus starrem Korsett befreien“

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© Dr. Florian Kunze

  1. Herr Prof. Kunze, welche Vorteile hat hybrides Arbeiten für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie?
    Hybrides Arbeiten hat den Vorteil, dass es die Arbeit aus einem bis vor Kurzem noch recht starren Korsett befreit. Denn wir haben die Arbeitszeiten der industriellen Arbeit eins zu eins auf Büroarbeit übertragen, ohne zu reflektieren, ob das überhaupt nötig ist. In der Pandemie haben wir eine hohe Flexibilität der Arbeitszeit und des Arbeitsorts erreicht. Gut zwei Drittel der Beschäftigten wünschen sich laut unserer Studie weiterhin drei Homeoffice-Tage pro Woche. Der Grund dafür liegt nicht nur in den wegfallenden Wegezeiten, sondern auch in der Möglichkeit, tagsüber zwischen beruflichen und familiären Erfordernissen hin und her zu switchen. Dafür wird dann aber natürlich Arbeit auf die Abende verlagert. Hier müssen Beschäftigte und ihre Führungskräfte darauf achten, dass es nicht zu einer Entgrenzung der Arbeit kommt.
  2. Welche Aufgaben haben Führungskräfte im Kontext von hybridem Arbeiten mit Blick auf familienorientierte Führung?
    Aus Beschäftigtensicht besteht gute Führung darin, dass Führungskräfte sich auch um die individuellen Bedürfnisse ihrer Teammitglieder kümmern. Sie sollen die Aufgaben und die Arbeitszeiten möglichst individuell differenzieren. Das ist für Führungskräfte anspruchsvoll. Hinzu kommt, dass die Möglichkeiten, die sie ihren Teams bieten, fair und gerecht sein müssen. Gute Vereinbarkeit darf nicht von einzelnen Führungskräften abhängen, dafür muss es einen strukturellen Ansatz geben. Hier eignen sich Dienst- oder Betriebsvereinbarungen. Sie sollten als grundlegende Leitplanken möglichst konkret einen Rahmen für das Unternehmen oder die Organisation vorgeben. Eine zentrale Führungsaufgabe ist es zwar weiterhin, Ziele zu setzen. Eine enge und kontrollierende Führung muss heute aber von einer Führungsbeziehung abgelöst werden, die auf Vertrauen basiert und den Beschäftigten ein hohes Maß an Autonomie gewährt. Ein solches Setting ermöglicht es, das ganze Erwerbspotenzial auch von Menschen mit familiärer Verantwortung auszuschöpfen. Wer das nicht bietet, wird Fachkräfte verlieren.
  3. Wie gelingt es Führungskräften, bei räumlicher Distanz ein Teamgefühl, Identifikation mit dem Arbeitgeber und Empathie in Bezug auf familiäre Anforderungen zu vermitteln?
    Dabei spielen zwei Dinge eine Rolle: Erstens bedeutet hybrides Arbeiten ja nicht nur mobiles Arbeiten, sondern auch die Arbeit in Präsenz. Wenn Beschäftigte dann aber regelmäßig vor Ort sind, sollten sie nicht 70 bis 80 Prozent der Zeit in Videocalls verbringen. Zweitens sollten Führungskräfte die persönliche Kommunikation mit jedem einzelnen Teammitglied pflegen. Die Gespräche drehen sich dabei nicht nur um den Job, sondern auch um persönliche Themen, und sie finden jenseits von Meetings oder bewusst organisiert zu Beginn von Meetings statt. Dies ist der Ort, um Kolleginnen und Kollegen zu fragen, wie sie ihre Vereinbarkeit hinkriegen und wie es ihnen damit geht. So kann eine Führungskraft Vertrauen aufbauen – die Basis für eine gute Zusammenarbeit in Teams, die hybrid arbeiten.


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