Frau Bräuer, was sind in Bezug auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie die aus Ihrer Sicht zentralen Erkenntnisse aus Ihrer Studie?
Eine zentrale Erkenntnis ist die, dass jetzt auch Väter in den Interviews von einem Vereinbarkeitsproblem sprechen. Dadurch, dass berufstätige Väter immer mehr Sorgearbeit übernehmen, haben sie ähnliche Herausforderungen zu bewältigen wie Mütter. Das ist neu. Die Lösungsstrategien gehen in zwei Richtungen: Väter versuchen einerseits für eine bessere Vereinbarkeit die Organisationsstrukturen in der Familie zu verbessern. Andererseits gucken sie, was sie persönlich tun können, damit die Vorstellung, die sie von ihrer beruflichen Entwicklung und von sich als Vater haben, sich vereinbaren lässt. Sie merken, dass dies teilweise nicht mehr der Fall ist.
Was können Unternehmen tun, um ihnen diesen Konflikt zu erleichtern?
Ich würde empfehlen, nach wie vor spezifische Väterangebote zu gestalten, weil die Väter angegeben haben, dass ihnen das Vertrauen noch fehlt, dass die Betriebe sie wirklich gerne als aktive Väter haben wollen, wie es in der öffentlichen Debatte häufig dargestellt wird. Es gibt schon viele Bestrebungen, die Kultur in Betrieben väterfreundlicher zu gestalten. Aber häufig rückt Vaterschaft schnell in den Hintergrund, wenn es um betriebliche Abläufe geht. Väter merken es, wenn Meetings spät angesetzt werden oder wenn mobiles Arbeiten doch nicht gerne gesehen wird. Das schafft Unsicherheit. Deswegen ist es wichtig, Männer immer auch als Väter oder potenzielle Väter mitzudenken, was für Frauen und Mütter relativ normal ist.
Warum sollten Unternehmen sich Ihrer Ansicht nach für eine partnerschaftliche Aufgabenteilung bei der Vereinbarkeit in ihrer Belegschaft engagieren?
Erstens: Männliche Arbeitnehmer profitieren davon. Denn wenn Väter ihren Vereinbarkeitsvorstellungen und zum Teil auch den Wünschen der Arbeitgeber nicht gerecht werden können, sind sie unzufrieden. In dieser Situation ist es wichtig, als Arbeitgeber Wertschätzung zu zeigen und Angebote zu machen. Das führt dazu, dass Väter positiver auf ihre Arbeitsleistung, aber auch auf ihren Arbeitgeber blicken. Gerade angesichts des Fachkräftemangels in verschiedenen Branchen wird es sehr wichtig sein, junge Väter zu gewinnen und dauerhaft zu halten. Dafür wird die Zufriedenheit der Väter relevant sein.
Und zweitens?
Der zweite Aspekt liegt in der Art, wie Väter sein wollen: Väter wünschen sich Zeit mit ihren Kindern, und zwar mit einer gewissen Qualität. Es geht zum Beispiel um entspannte Emotionalität. Väter wollen sich frei fühlen, wenn sie mit ihren Kindern zusammen sind. Damit das möglich ist, sollten Arbeitgeber beispielsweise Arbeitszeitmodelle umstrukturieren und damit mehr Zufriedenheit bei Vätern schaffen. Diese Zufriedenheit wird sich auszahlen.