„Um ein pflegebedürftiges Kind 24 Stunden rundum zu betreuen, benötigen Sie 5,8 Vollzeitkräfte“, berichtet Kathrin Wibbing, Gründerin und Geschäftsführerin der Kinderpflegeeinrichtung Team David GmbH in Paderborn. Rund 26 weibliche und vier männliche Fachkräfte arbeiten bei ihr in der Pflege im Schichtdienst. Etwa ein Drittel von ihnen hat eigene Kinder und ist auf familienbewusste Arbeitszeiten angewiesen. Wie sie das löst? Sowohl ihr Pflegeansatz als auch die Begleitung ihrer Beschäftigten über die verschiedenen Lebensphasen hinweg ist individuell. „Wir schauen bei jeder einzelnen Fachkraft, was sie in ihrer aktuellen Lebensphase leisten kann und was nicht“, sagt Wibbing. Schon in Bewerbungsgesprächen fragt die 42-Jährige so konkret wie möglich nach der Lebenssituation und danach, welche Dienste die Bewerberin oder der Bewerber übernehmen könnte.
Ein guter Altersmix begünstigt individuelle Rücksichten
„Ein System aufbauen zu wollen, das gegen die Möglichkeiten der Beschäftigten geht, funktioniert nicht“, sagt Wibbing. Diese nüchterne Erkenntnis drückt sich in einer starken Familienorientierung aus. Arbeitszeitkonten, verschiedene individuell ausgerichtete Teilzeitmodelle und die Fähigkeit, persönliche Anliegen der im Schichtdienst arbeitenden Pflegerinnen und Pfleger in die Dienstplangestaltung aufzunehmen – das alles schaffe einen guten Teamgeist, unterstreicht auch Pflegedienstleiterin Kathrin Krahl. „Bei uns arbeiten Mütter, die nur Nachtschichten machen, weil sie anders die Kinderbetreuung nicht sichern können“, so Krahl. „Andere möchten überhaupt keine Nachtschichten übernehmen, weil ihr Biorhythmus das nicht erlaubt.“ Einige Frauen arbeiteten im rollierenden Schichtsystem und kämen sehr gut damit klar. Ein Vater wünsche sich, viele Nachtschichten zu übernehmen, ihn müssten sie hin und wieder davor schützen, sich zu übernehmen, berichtet Krahl weiter. So fänden sich meistens genug „Eulen“ und „Lerchen“, um die Schichten abzudecken. So unterschiedlich die Arbeitszeiten, so verschieden sind auch die Altersgruppen der Beschäftigten. „Bei uns arbeiten alle Generationen von 22 bis 60 Jahre“, sagt Wibbing. Dieser Generationenmix unterstütze eine individuelle Arbeitszeitplanung, da in den verschiedenen Lebensphasen auch ganz unterschiedliche Arbeitszeitmodelle benötigt würden.
Die schwierige Suche nach Fachkräften
Fachkräfte zu finden ist seit etwa zwei Jahren deutlich schwieriger geworden. „Eigentlich könnten wir noch weiterwachsen, doch inzwischen gleichen wir nur die geringe Fluktuation bei uns aus“, sagt Krahl. Die Ursachen sind vielfältig: Zum einen rekrutierten gerade einfach alle – Kliniken, Altenheime, ambulante Dienste. Zum anderen sei die außerklinische Intensivpflege äußerst anspruchsvoll. Man habe, anders als im stationären Bereich, keine Kollegen oder Ärztinnen, die im Zweifel eine zweite Meinung äußern könnten. Die Verantwortung sei dadurch extrem hoch. Gleichzeitig kann Team David als kleines Unternehmen bei den Gehältern großer Einrichtungen nicht immer mithalten.
Pflege ist ein krisensicherer Job
Umso wichtiger ist der Gründerin Kathrin Wibbing eine familienorientierte Kultur in ihrem Haus. Dabei geht es genauso um die Beschäftigten wie um die Patienten und Patientinnen. „Wir helfen Kindern, damit sie in ihren Familien aufwachsen können“, sagt die Frau, die bis vor gut fünf Jahren als Wirtschaftsinformatikerin gearbeitet hat, bis ihr eigenes Kind zu früh und mit schwerer Krankheit zur Welt kam. Eine Rundumpflege war nötig. Die Menschen, die ihren Sohn gepflegt haben, wurden das Kernteam von Team David. Gemeinsam mit ihnen und ihrem Mann Philipp Wibbing hat sie ihr Pflegeunternehmen gegründet. Kindern zu helfen stellt einen hohen Wert dar, was besonders unter jungen Fachkräften eine größer werdende Rolle spielt, beobachtet Wibbing. Das stimmt sie mit Blick auf die Zukunft hoffnungsfroh. Außerdem meint sie: „Gerade jetzt in dieser durch COVID-19 so schwierigen Zeit hat sich herausgestellt: Pflege ist ein krisensicherer Job.“