„Corona als Auslöser eines nachhaltigen Kulturwandels“
Christian Ebeling ist Headhunter bei HUNTING/HER HR-Partners, einer internationalen Personalberatung für hochqualifizierte Frauen mit Niederlassungen unter anderem in Hamburg und Düsseldorf. Seit 15 Jahren unterstützt die Agentur Unternehmen darin, Führungspositionen mit Frauen zu besetzen.
- Herr Ebeling, welche Vereinbarkeitsangebote müssen Arbeitgeber Männern machen, damit Frauen Führungspositionen annehmen?
Sie müssen Männern dieselben Angebote machen, die Frauen in ihren Unternehmen nutzen, und dort nachbessern, wo auch Frauen heute noch an Grenzen stoßen, zum Beispiel bei Flexibilisierungswünschen. Insgesamt gilt dies für alle Bereiche der Vereinbarkeit: von der Flexibilisierung von Arbeitszeiten und -orten über Teilzeitmöglichkeiten und betriebliche Kinderbetreuung bis zur Elternzeit. Viele Partner der Frauen, die wir beraten, möchten vollzeitnah arbeiten oder sind selbstständig. Bei der betrieblichen Kinderbetreuung gilt auch der Blick auf die Grundschulkinder, da viele Frauen, die höhere Führungspositionen anstreben, noch Kinder im Grundschulalter haben. Gerade bei der Elternzeit für Väter sollten Unternehmen aus meiner Sicht noch mehr Entgegenkommen zeigen und Vätern durchweg signalisieren, dass sie nicht auf zwei „Vätermonate“ festgelegt sind. - Ist es aus Ihrer Sicht Aufgabe der Unternehmen, eine partnerschaftliche Aufteilung von Care- und Erwerbsarbeit ihrer Beschäftigten zu unterstützen?
Ja, definitiv. Und zwar aus gesellschaftlichen Gründen genauso wie aus betriebswirtschaftlichen. Wir erleben immer noch, dass Frauen nach der Familiengründung die größeren Lücken im Lebenslauf haben, und geben uns viel zu oft damit zufrieden, in den Führungsetagen einen sehr viel höheren Männer- als Frauenanteil zu haben. Das können Unternehmen sich nicht nur, was ihr Employer Branding angeht, nicht mehr leisten, sie können es sich auch aus Fachkräftesicht nicht erlauben. Eine neue McKinsey-Studie zeigt, dass Unternehmen, die in ihrem Top-Management einen besonders großen Frauenanteil vorweisen, eine 21 Prozent größere Wahrscheinlichkeit haben, wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Das heißt, es gibt auch ganz handfeste betriebswirtschaftliche Anreize, Partnerschaftlichkeit unter den Beschäftigten zu unterstützen. - Wie sieht der Kulturwandel aus, den Unternehmen vollziehen müssen, um 50 Prozent ihrer Führungspositionen mit Frauen zu besetzen?
Gerade in männerdominierten Sparten ist es ratsam, beispielsweise in der Unternehmensnachfolge weibliche Vorbilder aufzubauen: Mütter in Führung, denen es gelingt, verhärtete Strukturen aufzubrechen, die ihrerseits Frauen an Bord holen und Gleichstellung authentisch leben. Beschäftigte sehen dann, dass dies real passiert. Diese Haltung ermutigt dann auch Väter, länger als zwei Monate in Elternzeit zu gehen oder in vollzeitnaher Teilzeit zu arbeiten und Kind-krank-Tage zu nehmen, und zwar auch in Führungspositionen. Unternehmen sollten im Sinne von Employer Branding darüber sprechen und gute Beispiele nach innen und außen über alle Kanäle kommunizieren. Aus Studien wissen wir, dass Frauen bei den Stellenausschreibungen auf Sicherheit setzen und 90 bis 95 Prozent der verlangten Kompetenzen erfüllen wollen, während es bei Männern 60 bis 70 Prozent sind. Das heißt, es bewerben sich mehr Männer. Hier ist es ratsam, die Ausschreibungen so zu formulieren, dass auch Mütter sich angesprochen fühlen. Wichtige Kriterien für sie sind die Nähe des Arbeitsplatzes zum Wohnort, die Intensität und Planbarkeit der Reisetätigkeit, die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, und die Lage der Arbeitszeiten am Tag. Wer dies realisiert, hat schon eine ganze Strecke auf dem Weg des Kulturwandels geschafft.
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