Möglichkeiten und Grenzen von Flexibilität ausloten
Herr Schmitz, was sind die wichtigsten Charakteristika der Generationen Y und Z in Bezug auf ihre Erwartungen an Arbeitgeber?
Beide Generationen möchten ein möglichst großes Portfolio an Gestaltungsmöglichkeiten, was die Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ort angeht. Der Unterschied liegt darin, dass die Generation Z diese Angebote in geringerem Umfang nutzt. Da die jungen Leute eher Struktur mögen und es sehr schätzen, wenn die Arbeit das Privatleben nicht berührt, machen sie nur dann Gebrauch von einer extensiven Flexibilität, wenn es für sie notwendig ist. Dabei handelt es sich also – anders als bei der Generation Y – um keine generelle Arbeits- und Lebensform.
Welche Rolle spielt dabei die Pandemie?
Wir haben, bei aller Härte, durch Corona sehr viel gelernt. Nehmen Sie nur Ortsunabhängigkeit und Ergebnisorientierung. Ich denke, dass vieles bleiben wird. Wir werden aber auch die Grenzen von Flexibilität stärker ausloten. Natürlich gelingt Austausch über soziale Netzwerke. Aber wenn Teams sich über Wochen nicht sehen oder sich nicht persönlich kennenlernen, fehlt irgendwann die Möglichkeit, wirklich Gemeinschaft aufzubauen. Es gilt auch: Die Prägungen, die jede Generation aus ihrer Sozialisation mitnimmt, werden bei der Generation Z wahrscheinlich auch zum Teil durch Corona beeinflusst. Junge Menschen gehen voraussichtlich mit weniger Sicherheit ins Berufsleben, als es noch die Generation Y gemacht hat. Dies wird m. E. zu einem stärkeren Bedürfnis nach einem sicheren Arbeitsplatz führen.
Wie stehen die Generationen Y und Z zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie?
Für beide Generationen stellt Familie an sich einen sehr hohen Wert dar. Entsprechend ist der Bedarf, Beruf und Familie gut vereinbaren zu können, sehr hoch. Nur die Art unterscheidet sich: Bei der Generation Y geschieht es durch hohe Flexibilität und Entgrenzung von Beruf und Privatleben, bei der Generation Z eher durch Abgrenzung.
Wie kommen beide Generationen im Arbeitsalltag miteinander klar?
Sie kommen besser miteinander klar, als dies noch zwischen der Generation Y und X bzw. den Babyboomern der Fall war. Sie wollen beide die gleichen Optionen und habe ähnliche Vorstellungen davon, was Statussymbole sind.
Nämlich?
Zeit für Reisen und Sport. Insgesamt ist der ganze Freizeitbereich recht statusbehaftet, was sich auch in den sozialen Netzwerken widerspiegelt.
Was können Unternehmen tun, um ihre jetzigen Führungskräfte auf die beiden jungen Generationen vorzubereiten?
Sie können verschiedene Kulturen zusammenbringen, zum Beispiel durch altersgemischte Teams. Dabei entstehen immer auch Konflikte. Autoritäten und ganze Lebensmodelle werden infrage gestellt. Eine offene Feedbackkultur und das Vermeiden von Altersstereotypen in beide Richtungen helfen.
Wie können die Vertreter*innen der Generation Y auf ihre neue Führungsaufgabe in altersgemischten Teams vorbereitet werden?
Sie müssen Erfahrungswissen wertschätzen. Ihre Sprache darf nicht wertend sein, ganz besonders, wenn es um Lebens- und Arbeitsmodelle der älteren Generationen geht. Jüngeren gegenüber gilt es, die Vielfalt an Möglichkeiten etwa zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie herauszustellen, aber auch Grenzen aufzuzeigen. Autorität müssen sich Führungskräfte erwerben. Wer glaubt, mit Druck oder gar Angst führen zu können, wird nicht erfolgreich sein. Gefragt sind ein offener Führungsstil mit einer ausgesprochenen Feedbackkultur in beide Richtungen sowie die Fähigkeit, Konflikte konstruktiv auszutragen und zu moderieren. Auch eine Fehlerkultur müssen diese Führungskräfte zulassen und insgesamt großes Vertrauen in ihre Teams setzen.