Erwartungen und Lebensrealität in Einklang bringen
Dr. David Juncke ist Partner und Direktor bei der Prognos AG. Neben der Familienpolitik von Bund, Ländern und Kommunen gehören Betriebe sowie die Beschäftigungsfähigkeit ihrer Mitarbeitenden zu den Beratungsfeldern von David Juncke. Er rät Unternehmen, Väter in ihrer je spezifischen Lebensphase zu sehen und passgenaue Vereinbarkeitsangebote zu machen.
Herr Juncke, wo stehen Väter und ihre Vereinbarkeit von Beruf und Familie heute?
In der gesellschaftlichen Debatte, die auch in die Unternehmen strahlt, dreht sich weiterhin viel um das Thema Elternzeit und Elterngeld. Darüber hinaus sind Vereinbarkeitsthemen, wenn es um Väter geht, nicht sehr präsent. Genau hier gibt es Handlungsbedarf: Unternehmen sind gut beraten, die Bedürfnisse ihrer Väter zu thematisieren, sie zu adressieren und aktiv zu unterstützen. Wir nehmen wahr, dass vor allem die jüngere Generation sich eine partnerschaftlichere Aufteilung der Erwerbs- und Sorgearbeit wünscht. Hier kann die Elternzeit für Väter ein gutes Erprobungsfeld sein, um die neuen Rollen kennenzulernen. Allerdings stellt sich anschließend schnell die Frage, wie es nach der Elternzeit weitergeht. Und genau hier sehen wir, dass das klassische Modell weiterhin sehr häufig gewählt wird. Die Väter arbeiten also in Vollzeit und rücken den Fokus auf Karriere, während Mütter zwar in größerer Teilzeit als früher arbeiten, aber eben weiterhin in Teilzeit.
Wo sehen Sie prinzipiell die größten Hürden, um Vätern eine bessere Vereinbarkeit zu ermöglichen?
Auch Unternehmen erwarten häufig, dass Väter in Vollzeit arbeiten und die Rolle des Haupternährers einnehmen. So wird am Arbeitsplatz oft erwartet, dass die Mütter die Kinder von der Kita abholen. Eine Erwartung, die so eher selten auch an Väter gestellt wird. Es ist also wichtig, das Thema Väter auch über die Elternzeit hinaus anzugehen und die Unternehmenskultur dementsprechend anzupassen. Dazu gehört dann zum Beispiel eine gewisse Selbstverständlichkeit, dass Väter auch bei Bring- und Abholzeiten der Kinder zur Verfügung stehen, genauso wie die Rücksicht auf Väter bei der Terminkoordination mit Kunden. Es geht also darum, Väter und ihre Bedürfnisse in den Betrieben sichtbar zu machen. Vereinbarkeit in Unternehmen ist keine „One size fits all“-Strategie, Väter brauchen eine klare Ansprache und Unterstützung. Das gilt auch für Karriereoptionen für Väter.
Ist eine aktive Vaterschaft denn eine Karrierehürde?
Hier gibt es nur wenige Erhebungen. Aber es gibt Hinweise darauf, dass eine längere Elternzeit für Väter kein Karrierehindernis ist, Teilzeitbeschäftigung allerdings schon. In vielen Unternehmen herrscht noch eine ausgeprägte Präsenzkultur. Für Unternehmen ist es auch bequem, auf die Vollzeitmänner zu zählen, denn es bedeutet weniger organisatorischen Aufwand. Aber auch für die Teams ist es oft einfacher, denn es gibt nur eine Ansprechperson, einen Chef. Gerade vor diesem Hintergrund sind Jobsharing-Modelle sinnvoll.
Welche Tipps geben Sie Unternehmen, die das Thema aktiv angehen möchten?
Schaut genau auf eure Väter, insbesondere auch darauf, in welcher Lebensphase sie sich befinden! Ein Vater mit Schulkindern hat andere Herausforderungen als ein Vater, der gerade mit der Elternzeit gestartet ist. Die Angebote an der konkreten Lebensphase der Väter auszurichten, ist eine gute Idee. Ein weiterer Punkt, den Unternehmen beachten sollten: Die jüngeren Männer, die gerade auf den Arbeitsmarkt kommen, haben häufig eine andere Haltung als die Generationen vor ihnen. Sie haben teilweise andere Prioritäten und sie wissen sehr gut, was sie einfordern können, da der Arbeitsmarkt ihnen viel Verhandlungsmacht gibt. Wir sehen in unseren Studien, dass Männer unter 35 eine deutlich höhere Erwartung an das Unternehmen in Vereinbarkeitsfragen haben als die älteren. Wenn Unternehmen sich darauf einstellen und entsprechende Angebote machen, die den Vätern wirklich helfen, dann sind sie schon auf einem guten Weg und arbeiten aktiv an ihrer Attraktivität als Arbeitgeber.