Denn Pflege beginnt weit früher und ist viel umfassender, als vom Gesetzgeber definiert. Menschen sind oft lange vor dem ersten Pflegegrad auf Hilfe angewiesen. Unternehmen können ihren Beschäftigten nicht nur die Freiheit geben zu helfen, sie können sie auch aktiv dabei unterstützen. Vielen pflegenden Beschäftigten fällt es schwer, über ihre Situation offen zu sprechen, zu groß ist die Sorge vor mangelndem Verständnis oder beruflichen Nachteilen.
Pflegesensible Unternehmenskultur unterstützt Beschäftigte mit Pflegeaufgaben
Arbeitgeber können Beschäftigte mit Pflegeaufgaben in vielen Bereichen unterstützen. Zum Beispiel mit Informationsmaterial zu organisatorischen, finanziellen und rechtlichen Fragen der Betreuung von Angehörigen sowie zu Unterstützungs- und Beratungsmöglichkeiten vor Ort.
Wichtig ist außerdem eine Unternehmenskultur, in der pflegende Beschäftigte kein „Störfaktor“ sind. Denn oft scheuen sich Betroffene, ihre familiäre Situation zu thematisieren. Sie fürchten, als schwierig zu gelten oder Karrierenachteile zu erleiden. Eine offensive Kommunikation der Angebote trägt daher dazu bei, das Thema zu enttabuisieren und die Beschäftigten zu ermutigen, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Führungskräfte sollten in Vorträgen oder Seminaren für die besondere Problematik der Pflege sensibilisiert und geschult werden, zum Beispiel zu Themen wie Stresserkennung. Führungskräfte lernen Faktoren kennen, die auf persönliche Krisensituationen von Beschäftigten hinweisen und erfahren mehr über konkrete Lösungsansätze. Zudem erfahren sie hier mehr über die wichtigsten gesetzlichen Regelungen.
Beratungs- und Informationsangebote für pflegende Berufstätige
Die plötzliche Pflegbedürftigkeit eines Angehörigen oder die Veränderung einer Pflegebedürftigkeit überfordern viele Betroffene. Das macht sich oft auch im Beruf bemerkbar – die Leistungsfähigkeit sinkt.
Es liegt daher im Eigeninteresse des Unternehmens, dass die oder der Betroffene schnell eine tragfähige Lösung findet. Beratung und Information helfen, die Suche nach passenden Pflegearrangements zu verkürzen und zu verbessern – und tragen so dazu bei, dass die Betroffenen sich früher und unbelasteter wieder auf ihre Berufstätigkeit konzentrieren können.
Inhouse-Seminare bieten allgemeine Informationen rund um rechtliche und finanzielle Fragen und unterstützen die Vernetzung mit außerbetrieblichen Anlaufstellen wie Sozialstationen, Altenhilfen, Pflegeeinrichtungen oder ambulanten Diensten.
Darüber hinaus könnten Rahmenvereinbarungen zwischen Unternehmen und Pflegedienstleistern geschlossen werden, wie sie in der Kinderbetreuung bereits erfolgreich praktiziert werden, zum Beispiel in Form von Belegplätzen in Tageseinrichtungen für Demenzkranke.
Flexible Arbeits(zeit)bedingungen
Weil Dauer, Verlauf und Aufwand der Betreuung von Angehörigen nur in den seltensten Fällen absehbar sind, sind vor allem flexible Arbeitszeiten eine wichtige Hilfe: Sie erleichtern es betroffenen Beschäftigten, ihre Arbeit mit den eher unflexiblen Pflegeaufgaben zu vereinbaren.
Individuell definierte Anfangs- und Endzeiten, eine längere Mittagspause oder der Verzicht auf Schicht- und Wochenendarbeit können viel zur Entlastung beitragen.
Auch die Anpassung der Arbeitsorganisation, wie zum Beispiel eine flexible Arbeitsmenge sowie die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, sind gute Wege zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. Unternehmen können ihren pflegenden Mitarbeiter*innen im Notfall auch erlauben, den Arbeitsplatz spontan zu verlassen oder ihnen zusätzliche freie Tage gewähren.